• 2017-07-25-OTZ-Gedenkgottes

Artikel in der OTZ: 25.07.2017


Kirchgemeinde und Diakonische Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz begehen Gedenkgottesdienst

Tiefe Verbeugung vor Werner Sylten: Werner Sylten (1893-1942) ist ein Name, den man nicht nur in Bad Köstritz kennt. Hier aber erinnert man sich ganz besonders an den Theologen jüdischer Abstammung, weil hier sein pädagogisches Erbe bis heute weiterlebt.

Mit einem Gedenkgottesdienst gedachten die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde Bad Köstritz und die Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz dem 75. Todestag des früheren Pfarrers und Pädagogen Werner Sylten. Zu Gast bei Pfarrer Andreas Schaller (r.) war auch Sohn Walter Sylten (2.v.r.), der mit seiner Frau Adelheid (Mitte), Sohn Tilmar und Schwiegertochter Lisa Loher das Haus besuchte, in dem er fünf Jahre seiner Kindheit verbrachte. Foto: Christine Schimmel

Bad Köstritz. Mit einem Gedenkgottesdienst zu seinem 75. Todestag gedachten die evangelisch-lutherische Kirchgemeinde und die seit 2015 unter seinem Namen firmierende Diakonische Förderstiftung in Bad Köstritz des ehemaligen Pfarrers. „Ein besonderes Geschenk ist, dass auch sein Sohn Walter Sylten mit Frau Adelheid, Sohn Tilmar und Schwiegertochter Lisa Loher der Einladung gefolgt sind“, freuten sich Pfarrer Andreas Schaller und Michael Frankenstein, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes.
Bereits am Vortag stattete Familie Sylten dem Haus einen Besuch ab, in dem Werner Sylten von 1925 bis 1936 das Thüringer Mädchenheim leitete und sich heute eine vom Verein Wendepunkt e.V. verantwortete Jugendhilfeeinrichtung befindet. „Wir waren eine glückliche Familie. Vater hat stets dafür gesorgt, dass wir fröhlich sind. Er hat viel mit uns gesungen und war mit uns in der Umgebung wandern“, erinnert sich Walter Sylten an die Kinderzeit, von der er fünf Jahre in der Bad Köstritzer Eleonorenstraße verbracht hat, bis die Landeskirche den Vater 1936 fallen und ihm seine jüdische Abstammung zum Verhängnis werden ließ. „Mein Vater war für mich immer ein trauriges, aber leuchtendes Vorbild, das mich stets angeregt hat, mich ihm als würdig zu erweisen. Dass sein pädagogisches Wirken hier weiter lebt, und er nicht immer nur in Verbindung mit seiner letzten Station im Konzentrationslager erinnert wird, macht mich dankbar“, sagte Walter Sylten sichtlich bewegt. Pfarrer Andreas Schaller, der den Gedenkgottesdienst leitete, freute sich vor allem, dass dem Geist Werner Syltens gedacht wurde. Von seinem Schicksal nicht unberührt sagte er im Anschluss: „Dass dieser Mann innerlich so gefestigt war und den Mut nicht verloren hat, obwohl ihn die Thüringer Landeskirche damals fallen ließ, macht mich ehrfürchtig.“ Er plädiere wegen des schlimmen Schicksals Syltens während des Nationalsozialismus für eine nachträgliche Entschuldigung der Kirche. Die stehe nämlich noch aus.

Werner-Sylten-Stiftung mit neuer Homepage

Die weitere Verbreitung Werner Syltens Geschichte und das Weiterleben seines pädagogischen Erbes werden nun auf eine neue Ebene gehoben. Die Diakonische Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz nahm den Gedenkgottesdienst zum Anlass, ihre neue Homepage www.werner-sylten-stiftung.de frei zu schalten. „Vor anderthalb Jahren gaben wir der Stiftung endlich seinen Namen, nun geben wir ihr auch ein Gesicht“, meinte Michael Frankenstein. Stiftungszweck  und -ziele, Werner Syltens Lebenslauf und Lebensstationen und die auf seinen Prämissen aufgebaute Jugendhilfeeinrichtung Wendepunkt würden endlich umfassend dargestellt. Frankenstein wirbt für die Beschäftigung mit dem tief gläubigen, selbstlosen Mann Werner Sylten, für den Leben und Glaube unzertrennlich waren. „Er plädierte dafür, Liebe und Güte auszustrahlen und Schutzbefohlenen Wertschätzung und Hochachtung entgegenzubringen. Er wollte allen auf Augenhöhe begegnen und sie durch Liebe, nicht durch Druck oder Gewalt verändern“, sagte Michael Frankenstein in seiner Predigt. Heute verfolge man am Ort seines Wirkens das Ziel, die Potenziale der Jugendlichen zu sehen und auszubauen. Auch im Wendepunkt sehe man in ihnen das Gute.