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Auf den Spuren von Werner Sylten

Schloss Harheim Frontansicht
Eine Reise an den Ort der Ermordung von Werner Sylten

Herr Lippmann vor Schloss Hartheim

18.07.2025 - Im Juli 2025 begab ich mich auf eine ergreifende Reise nach Alkoven in der Nähe von Linz und besuchte den Ort der Ermordung Werner Syltens. 

Schloss Hartheim nahe Alkoven (Oberösterreich), seit 1889 Pflegeanstalt für geistig und mehrfach behinderte Menschen, wurde nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Dritte Reich im Jahre 1939 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und zur Euthanasieanstalt umgebaut. Hier wurden zwischen 1940 und 1944 etwa 30.000 als „lebensunwert“ klassifizierte Menschen ermordet. Es waren dies körperlich oder geistig beeinträchtigte und psychisch kranke Menschen und nach dem Ende der „zentralen“ Euthanasie im Sommer 1941 als krank oder „lebensunwert“ eingestufte Häftlinge aus den Konzentrationslagern von Mauthausen, Gusen, Ravensbrück und Dachau sowie Zwangsarbeiter*innen.
Im Mai des Jahres 2003 wurde Schloss Hartheim als Lern- und Gedenkort mit der Gedenkstätte für die Opfer der NS-Euthanasie und der Ausstellung „Wert des Lebens“ eröffnet.1

Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur verständlichen Aufarbeitung der NS-Euthanasie und zur gesellschaftlichen Auseinandersetzungmit dem „Wert des Lebens“ und umfasst die NS-Zeit, Reflexionen über Ausgrenzung und Gegenwartsthemen wie Genmanipulation, Sterbehilfe und Menschenwürde.Schloss Hartheim Rückseite

Beim Betreten dieses Ortes spürt man sofort die bedrückende Atmosphäre: Die originale Architektur und Räume schaffen eine unmittelbare Verbindung zur Vergangenheit. Die Räume – von Ankunft, Empfang, Gaskammer, Technikraum bis Leichenkammer und Krematorium – sind weitgehend original erhalten und vermitteln eine unmittelbare Authentizität und Beklemmung. Im Anschluss führt der Rundgang in den Raum der Stille, der als Ort der Erinnerung und Reflexion dient, besonders berührend nach der Eindringlichkeit des vorherigen Rundgangs.

Nachdem Werner Sylten aufgrund seiner Herkunft („Halbjude“ nach den Nürnberger Rassengesetzen) 1936 aus dem Pfarrdienst entlassen und von der Leitung des Thüringer Mädchenheims in Bad Köstritz entbunden wurde, schloss er sich der Bekennenden Kirche an und arbeitete ab 1938 im Berliner Büro Pfarrer Grüber, das rasseverfolgten evangelischen Christen zu Hilfe kam. Er war entscheidend daran beteiligt, über 1.000 Menschen bei der Flucht zu unterstützen. Nach Schließung des Büros durch die Gestapo Anfang 1941 wurde Werner Sylten am 27. Februar 1941 verhaftet. Er verbrachte Monate in Untersuchungshaft im Polizeigefängnis Alexanderplatz und wurde im Mai 1941 nach Dachau deportiert. Dort versorgte er als Seelsorger Mitgefangene, erkrankte jedoch aufgrund von Zwangsarbeit und Misshandlungen. Im August 1942 wurde er in einem sogenannten „Invalidentransport“ aus Dachau in die NS-Tötungsanstalt Schloss Hartheim gebracht. Laut verschiedenen Quellen erfolgte die Ermordung unmittelbar nach der Ankunft am 12. August 1942, offiziell wird jedoch der Todestag 26. August 1942 angegeben (gemäß Sterbeurkunde). Werner Sylten gehört zu den über 3.000 Insassen aus Dachau, die im Jahr 1942 in Hartheim getötet wurden – darunter auch 336 Geistliche.

Gedenktafeln im Innenhof des Schlosses

Im Erdgeschoss des Innenhofs befindet sich unter zahlreichen anderen Tafeln, auch eine Gedenktafel an Werner Sylten, welche von der Evangelischen Kirche in Deutschland 1992 gestiftet wurde. Darüber hinaus finden sich Spuren von Werner Sylten auch in der Ausstellung, deren Ziel es u.a. ist, den zahlreichen Opfern von Schloss Hartheim mit der namentlichen Erfassung und der Sammlung von biografischen Informationen eine Identität zu geben. Für etwa 23.000 Ermordete ist dies bereits gelungen.

Auf dem Gelände und in der unmittelbaren Nähe des Schlosses Hartheim befinden sich heute wieder soziale Einrichtungen, die im Sinne der Inklusion und Begleitung von Menschen mit Behinderungen wirken – insbesondere das Institut Hartheim als Träger verschiedener Wohn- und Beschäftigungsangebote für Menschen mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung.

Christian Lippmann
Vorsitzender des Vorstands der Diakonischen Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz

1 Verein Schloss Hartheim, Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, Schlossstraße 1, A-4072 Alkoven

 

 

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Der Klang Der Stolpersteine 2024


09.11.2024 - Etwa 100 Menschen nahmen am 09.11.2024 an der Veranstaltung DER KLANG DER STOLPERSTEINE auf dem Gelände der Diakonischen Förderstiftung „Werner Sylten“ in Bad Köstritz teil, um am historischen Tag der Reichspogromnacht von 1938 den Opfern des Naziterrors zu gedenken und mit den Mitteln der Kunst ein friedliches Zeichen des Gedenkens an die Zeiten größten Unrechts und größter Unmenschlichkeit in der deutschen und europäischen Geschichte zu setzen. 86 Jahre sind seit der Reichspogromnacht vergangen und Antisemitismus ist nicht nur Geschichte, sondern leider auch noch Gegenwart. Stolpersteine erinnern an das Schicksal von Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Angesichts der aktuellen Schändungen von Stolpersteinen im nahegelegenen Crossen und in Zeitz sind wir dankbar über jeden einzelnen Teilnehmer, der mit seiner Beteiligung auch eine Haltung gegen das Vergessen und für die Menschlichkeit zeigt.

In diesem Jahr jährte sich zum 10. Mal die Verlegung des Stolpersteins an einer bedeutenden Lebens- und Wirkungsstätte von Pfarrer Werner Sylten in Bad Köstritz.

Auf maßgebliche Initiative des damaligen Vorstandsvorsitzenden der Diakonischen Förderstiftung Michael Frankenstein erfolgte 2014 die Verlegung des Stolpersteins durch den Künstler Gunter Demnig, damals noch im Beisein des Sohnes Walter Sylten mit seiner Frau Heidi, die leider in den letzten Jahren verstorben sind. Über die zunehmende politische Brisanz und Wichtigkeit des Gedenkens erinnerten die Redebeiträge von Christian Lippmann, Pfarrer Stephan Magirius, Michael Frankenstein sowie Gesine Kölbel, die zusammen mit ihrer Cousine Simone Sylten-Schütz extra aus Berlin angereist war, um an der Veranstaltung teilzunehmen und ihrer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, dass das Gedenken an ihren Großvater in Bad Köstritz aufrechterhalten wird.

Eine Bereicherung der Veranstaltung stellte zudem der Beitrag eines Jugendlichen zu biografischen Lebensdaten von Werner Sylten dar. Die musikalische Begleitung erfolgte durch den Chor des Ensemble Carmina e.V. Bad Köstritz unter der Leitung von Helena Seliwanow zusammen mit Schülern der Regelschule Bad Köstritz und durch Alessandra und Siria Herfurth mit einem Liedbeitrag, was der Veranstaltung einen atmosphärisch würdigen Rahmen verlieh. Allen Teilnehmern und Unterstützern gilt unser herzlicher Dank!

Christian Lippmann
Vorsitzender des Stiftungsvorstands
im Namen des Stiftungsvorstands und des Stiftungsrates der Diakonischen Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz

 

Die musikalische Darbietung dieser Veranstaltung finden Sie in folgendem Video:

Der Klang Der Stolpersteine 2023

09.11.2023 - Wie bereits auch schon in den Vorjahren fand am 09. November 2023 auf Initiative der Diakonischen Förderstiftung „Werner Sylten“ Bad Köstritz am Stolperstein für Pfarrer Werner Sylten und am Gedenkstein der Geschwister Scholl die Veranstaltung DER KLANG DER STOLPERSTEINE statt. Am historischen Tag der Reichspogromnacht von 1938 schließen wir uns damit an eine seit 2017 in Jena jährlich am 09. November stattfindende politisch-künstlerische Aktion an und möchten diese über die Stadtgrenzen hinaus mit ins Land tragen. In Jena hat sich die Veranstaltung durch das bürgerschaftliche Engagement mittlerweile zu einer großen Veranstaltung an über 50 Orten unter Beteiligung ebenso vieler Künstler und auch Schulen entwickelt. Die Initiatoren haben dafür in diesem Jahr den Sonder-Preis für Zivilcourage der Stadt Jena erhalten. (www.klang-der-stolpersteine.de)

Im Rahmen der Veranstaltung in Bad Köstritz wurde der Ermordung von Pfarrer Werner Sylten sowie der Geschwister Scholl und weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe „Die Weiße Rose“ gedacht. Mit dem friedlichsten und zivilisiertesten Mittel der Welt -der Kunst- und stillem Gedenken möchten wir für die Würde eines jeden Menschen eintreten.

Besonders gefreut haben wir uns über die Teilnahme von Gesine Kölbel, einer Enkelin von Werner Sylten sowie über die insgesamt große Resonanz von insgesamt ca. 70 Teilnehmenden. Die künstlerische Begleitung erfolgte durch Ralf Schneider auf dem Keyboard sowie dem Chor des Ensemble Carmina e.V. unter der Leitung von Frau Helena Seliwanow, der zusammen mit Schülern der Regelschule „Hans Settegast“ Bad Köstritz der Veranstaltung einen würdigen Rahmen gab. Ein besonderer Dank gilt auch dem Jugendlichen Marcel Klose für seinen Programmbeitrag sowie den fleißigen Helfern, die wesentlich zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.

Christian Lippmann
Vorsitzender des Stiftungsvorstands

 

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